Der beruhigende Klang von explodierendem Kerosin - Roman by Helle Heinz

Der beruhigende Klang von explodierendem Kerosin - Roman by Helle Heinz

Autor:Helle, Heinz [Helle, Heinz]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-05-05T04:00:00+00:00


Es tut mir leid

Ich bin zutiefst gerührt und sehr müde

Wir sind in New York. Ich stehe in der Empfangshalle des Flughafens und sehe als Erstes, dass sie schöne Beine hat. Sie trägt eine graue, gutsitzende Jeans, hellbraune Lederstiefel und goldene Ohrringe, ihr langes, schwarzes Haar ist streng zurückgekämmt, und sie zieht ihre schwere Tasche hinter sich her. In ihren Augen leuchtet etwas auf, als sie mich sieht. Trotzdem sieht sie noch einmal weg, sie kann sich beherrschen, sie geht weiter, vorbei an Menschen unterschiedlicher Hautfarbe und Form, ihr Gang ist unverändert federnd und ruhig, noch dreißig Meter, noch zehn, dann fünf. Sie klettert unter der Absperrung zwischen Ankommenden und Abholenden hindurch, weil sie anscheinend doch zu ungeduldig ist, um bis zu ihrem Ende zu gehen, sie war lange genug unterwegs, und jetzt steht sie endlich vor mir, sie lacht, wir küssen uns, und ich will sie ficken. Ich sage das natürlich jetzt noch nicht, sondern wir küssen uns noch etwas länger, und ich frage, wie war der Flug, und auf einmal wird mein Blickfeld enger. Ich sehe ihre dunklen Augen. Ich sehe ihre Schulter, sehe einen Träger ihres BHs, der Ausschnitt des T-Shirts ist weit und etwas verrutscht. Ich sehe eine Strähne, die sich über ihrem Ohr aus dem Zopf gelöst hat. Ich sehe einen Getränkeautomaten.

Hast du Durst?

Ja.

Warte, ich hol dir was.

Ich hole Wasser und eine Flasche mit einer rosa Flüssigkeit, ein neues amerikanisches Getränk, von dem wir zu Hause manchmal gesprochen haben. Sie sagte immer, sie sei neugierig, wie das schmeckt, und wenn sie dann mal hier sei, würde sie es gerne probieren. Sie blickt dankbar, als ich ihr die Flasche reiche, und kann kaum davon trinken, weil es so kalt ist, und ich mag sehr, wie sie sagt, ui, kalt.

Wir sitzen nebeneinander im Zug, sie riecht leicht nach Schweiß, aber das macht nichts, ich kenne den Geruch, es ist nur schon eine Weile her, und als ich über die leeren Hafenanlagen und Industrieruinen von Newark hinweg auf Manhattan deute, ist sie ganz aufgeregt, und ich denke, dass ich ab jetzt für sie da sein darf oder kann oder muss, und ich bin plötzlich zutiefst gerührt von ihrem Glauben daran, dass alles gut werden kann, man muss es nur versuchen, es ist harte Arbeit, aber es lohnt sich, ich bin zutiefst gerührt und sehr müde. Als wir zu Hause sind, haben wir Sex, und nach dem ersten Orgasmus bin ich glücklich, weil sie so aufgeregt aus dem Fenster sieht und so gerne hier ist mit mir.



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